Roland Walter, spastisch gelähmt

Er tanzt und gestaltet Bilder für Ausstellungen, obwohl er, wie er über sich sagt „eigentlich ein armer Behinderter ist, der ständig auf fremde Hilfe angewiesen ist“. Mit seiner Kunst möchte Roland Walter Mut machen, zu dem zu stehen, wer wir sind. „Wir brauchen uns nicht hinter Fassaden zu verstecken“, sagt er. „Und wir dürfen uns über das Leben freuen. Ich möchte den Leuten zeigen, dass die Schöpfung so schön ist.“

Über mein Handicap:

Rolad Walter auf der BühneIch kann alles bewegen, aber alles unkontrolliert, weil ich mich nur auf eine Sache konzentrieren kann.

Will ich zum Beispiel meine Hand zum Mund führen, gelingt das noch, aber habe ich in der Hand einen Löffel, muss ich mich auf Hand und Löffel konzentrieren und dann flattert der Arm durch die Gegend. Konzentriere ich mich darauf, gezielt die Tasten meiner Tastatur zu treffen, verliere ich die Kontrolle über meine Beine, Sitzhaltung und meinen Speichelfluss. Beim Schreiben einer SMS läuft mein Speichel wie ein Wasserfall, weil ich mit einer Hand das Handy halten und mit der anderen gezielt tippen muss.

Ich muss auch meine Speise zerkleinern lassen. Durch die Lähmung der Zunge kann ich das Essen nicht an die Seite schieben und mit den Backenzähnen zermalen. Ich kaue nur unter dem Gaumen oder mit den Schneidezähnen. Deshalb halte ich beim Kauen auch den Kopf hoch, damit das Essen nicht rausfällt. Oft muss ich beim Essen husten, weil ich beim Kauen das Ventil zwischen Speichel- und Luftrohre nicht unter Kontrolle habe und das Essen in die Luftröhre rutscht.

Der Spasmus ist auch täglich unterschiedlich: Befällt er meine Zunge, bin ich schlecht zu verstehen. Zieht er meine Magenmuskeln zusammen, kann ich nicht aufstoßen; die Luft, die beim Essen mit in den Magen kommt, kann nicht entweichen, es entsteht Druck und dann muss ich mich übergeben. Hat sich der Spasmus meine Blase ausgesucht, kann ich kein Wasser lassen und muss ich nach etwa einer Stunde noch mal die Toilette aufsuchen.

 

Welche Barrieren mich am meisten stören:

Aufgrund meiner schweren Sprachstörung fühle ich mich oft aufs Abstellgleis geschoben. Aus Unwissenheit hält man mich für einen geistig Behinderten oder auch für einen Besoffenen. Die Menschen geben sich kaum Mühe, mich zu verstehen. Das belastet mich immer wieder. Früher habe ich mich aufgeregt. Heute kann ich oft gelassen sagen: „Vater, vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Früher habe ich oft gebetet: „Lieber Gott, dass ich schwerbehindert bin, damit habe ich mich abgefunden. Aber dass ich auch noch eine schwere Sprachstörung habe, ist nicht schön.  Du hast mich doch lieb, schenke mir wenigstens eine deutliche Aussprache.“ Gott hat meine Gebete erhört und geantwortet, aber anders, als ich es erwartet habe. Gott schenkte mir keine deutliche Aussprache, sondern ein Buch, dort stand: „Gott gebraucht Sprachbehinderte als Gehhilfe für unser Gehör.“

Kaum einer glaubt, dass Gott mich trotz starker Behinderung mit so vielen Gaben ausgestattet hat. Dabei bin ich ein guter Seelsorger und Berater für Teenager und junge Erwachsene. Ich kann predigen und Menschen mit meiner Performance erfreuen.

 

Was ich mir wünsche:

Oft machen Leute um mich einen Bogen, weil sie Angst haben, meine undeutliche Aussprache nicht zu verstehen. Oder sie antworten auf meine Äusserungen einfach mit Ja, obwohl ich keine Frage gestellt habe. Beides tut weh. Besser ist es, so lange nachzufragen, bis man es verstanden hat. Das braucht einem auch gar nicht peinlich sein.

 

Roland Walter lebt in Berlin.

Internet: www.roland-walter.de

Veröffentlichungen:    
Buch: „König Roland – im Rollstuhl durchs Universum“, Neufeld Verlag

Broschüre: „Meine rechten Hände – Über den Alltag mit Assistenten“,            
erhältlich über Roland Walters Homepage


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